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Interview
Dienstag, 07.02.2023 14:35 Uhr | Daniel Oenning

Interview mit Dieter Ferner: "Die Fans haben uns getragen"

Torhüter Dieter Ferner (74) ist vielen älteren Fans des 1. FC Bocholt bis heute in positiver Erinnerung geblieben. Zur Saison 1980/81 wechselte der Schlussmann vom Bundesligisten 1. FC Saarbrücken an den Hünting und stand in 41 Partien in der Zweiten Bundesliga Nord für die „Schwatten“ zwischen den Pfosten. 50.000 DM ließ sich der 1. FC den Transfer des 62-fachen Bundesligaspielers damals kosten. Ex-Nationalkeeper Wolfgang Fahrian fädelte den Deal ein. 

Herr Ferner, Sie wechselten als erfahrener Bundesliga-Keeper zum 1. FC Bocholt. Wie kam der Kontakt damals zustande?
„Wolfgang Fahrian stellte den Kontakt her, er kannte unseren Coach Tito Elting sehr gut. Ich habe mich dann mit Tito zu Vertragsgesprächen in Leverkusen getroffen und wir wurden uns auch sehr schnell einig. Ich hatte eine 50.000 DM- Klausel und die hat der 1. FC gezogen.“ 

Sie kannten die Stimmung in den Bundesliga-Stadien. Musste sich der Hünting früher davor verstecken?
„Nein, ganz und gar nicht. Gerade die Anfangszeit in der Zweiten Bundesliga lief herausragend für uns, wir erwischten einen super Start und spielten zunächst lange in den vorderen Tabellenregionen mit. Dass da mehr als 10.000 Zuschauer kamen war keine Seltenheit – selbst gegen kleinere Vereine wie Lüdenscheid war die Hütte voll. Die Fans haben uns getragen.“ 

Was war das Geheimnis des Erfolges?
 „Jeder aus der Mannschaft hat für den anderen gekämpft, keiner war sich zu schade auch die Drecksarbeit zu verrichten. Wir haben uns alle gut verstanden, die 42 Spiele konnten wir sicherlich nicht nur durch Kraft bestehen, sondern primär durch den Zusammenhalt im Team.“ 

Was waren Ihre Stärken und Schwächen als Keeper?
 „Ich konnte das Spiel aufgrund meiner Erfahrung sehr gut lesen, war reaktionsschnell, hatte dazu eine starke Strafraumbeherrschung und konnte Flanken gut runterpflücken. Was mir überhaupt nicht lag, war es zu verlieren – das habe ich immer sehr lange mit mir rumgetragen. Es fiel mir nicht leicht, eigene Fehler wegzustecken, was für einen Keeper natürlich eher suboptimal ist.“ 

Gibt es ein Spiel, an das Sie sich besonders gerne zurückerinnern?
„Ja, das war unser 2:1-Sieg bei Werder Bremen. Die Bremer hatten eine absolute Erstligatruppe mit Stars wie „Tanne“ Fichtel, Uwe Reinders, oder Erwin Kostedde. Unser Stürmer Jürgen Tänzer hat da ein wunderbares Tor erzielt und ich habe ebenso einen echten Sahnetag erwischt. In der Woche darauf kamen 40.000 Zuschauer zu unserer Begegnung bei Hannover 96, das absolute Spitzenspiel – an sowas erinnert man sich gerne zurück.“

Dadurch, dass die beiden zweiten Ligen zusammengelegt wurden, sind wir abgestiegen. Wäre das nicht passiert, wäre ich mit großer Sicherheit länger am Hünting geblieben.

Dieter Ferner

Nach nur einer Saison am Hünting wechselten Sie in die USA zu Chicago Sting und wurden dort sogar Meister. Warum blieb es bei der einen Spielzeit in Bocholt?
„Dadurch, dass die beiden zweiten Ligen zusammengelegt wurden, sind wir abgestiegen. Wäre das nicht passiert, wäre ich mit großer Sicherheit länger am Hünting geblieben. Die Stimmung in Bocholt war immer super und Coach Elting hat unheimlich viel bewegt. Der gesamten Mannschaft gegenüber hat er nie leere Versprechungen gemacht.“ 

Wie war die Zeit danach in den USA?
„Ich sag es mal so: Nur Hollywood war schöner. es war eine fantastische Zeit, die ich niemals missen möchte. Der Enthusiasmus der Fans war grandios und Fußball richtig populär. In der Hallensaison spielten wir vor 15.000 Zuschauern im Staples Center. Nach uns waren die Basketballer der Chicago Bulls dran und die spielten vor 3000 Fans, das sagt schon viel aus. Und Gegenspieler wie zum Beispiel den Niederländer Johann Neeskens kannte ich bis dato lediglich aus dem Fernsehen.“ 

Verfolgen Sie den 1.FC Bocholt noch und besteht noch Kontakt zu ehemaligen Mitspielern?
„Der Kontakt zu den Spielern von damals ist nie abgerissen und vor der Pandemie hatten wir uns auch noch in Bocholt mit einigen Akteuren aus der aktiven Zeit getroffen. Ich schaue zudem immer mal wieder nach und informiere mich, wie es um den 1. FC bestellt ist. Ich hoffe, dass ich beim nächsten Treffen der Ehemaligen wieder dabei sein kann.“ 

Dieter Ferner beendete seine Karriere nach der Saison 83/84 und lebt seitdem mit seiner Frau in Saarbrücken. Bei seinem Herzensclub 1. FC Saarbrücken bekleidete er über viele Jahre sämtliche Posten vom Trainer, Scout über Abteilungsleiter Fußball bis hin zum Vizepräsidenten - was er bis 2021 inne hatte. Ferner ist heute Privatier, besucht dreimal wöchentlich das Fitnessstudio und ist immer noch regelmäßig Gast auf Fußballplätzen.