Offizielle Internetseite 1. FC Bocholt 1900 e. V.
Menü
Schwatte Liebe
Donnerstag, 10.11.2022 19:46 Uhr | Daniel Oenning

Serie #schwatteLiebe: Interview mit Jürgen Tänzer

Jürgen Tänzer bestritt insgesamt 158 Pflichtspiele für den 1. FC Bocholt und erzielte dabei 62 Tore. In 44 Partien lief Tänzer für die „Schwatten“ in den Spielzeiten 77/78 und 80/81 in der zweiten Bundesliga auf, netzte dort elfmal ein. Noch heute ist der Name des 73-Jährigen am Hünting in aller Munde und Zeitzeugen erinnern sich gerne an den Angreifer aus Gelsenkirchen zurück. In einem ausführlichen Interview blickt Tänzer auf seine Karriere und die Zeit am Hünting zurück.

Herr Tänzer, wie geht es Ihnen und was machen Sie zurzeit so?
„Mir geht’s gut. Ich bin Rentner, dreifacher Opa, einmal sogar schon Uropa und lebe nach wie vor in Gelsenkirchen-Horst. In meiner Freizeit spiele ich gelegentlich noch Tennis bei Horst 08 und kümmere mich um meinen Schrebergarten, den ich nun seit 25 Jahren besitze. Natürlich kommen meine Lebensgefährtin und der Fußball dabei auch niemals zu kurz.“

Beschreiben Sie sich selbst als Fußballer, was waren Ihre Stärken?
„Ich war relativ schnell und beidfüßig, das waren meine Stärken. Wenn wir im Training Runden laufen mussten, war das nie so meine Lieblingsdisziplin und hat mich immer genervt- aber es musste sein.“

Wie kam der Wechsel zur Saison 75/76 zum FCB zustande?
„Eigentlich wollte ich wegen andauernder Knieprobleme schon aufhören, damals spielte ich beim STV Horst-Emscher. Jan Roeloffzen kannte ich von dort, wir sind immernoch gut befreundet. Er war mit Coach Elting schon in Bocholt und rief mich an, ob ich mal mittrainieren möchte. Das Training , die Mannschaft und die Gespräche mit Tito haben mir sehr zugesagt und so bin ich nach Bocholt gewechselt.“

Wie sehen Sie rückblickend die Zeit am Hünting?
„Die schönste Zeit meiner Karriere, sonst wäre ich nicht noch ein zweites Mal zurückgekommen. Untereinander haben wir uns in der Mannschaft so gut verstanden, die Kameradschaft war einmalig und definitiv unsere größte Stärke. Streit und Theater gab es nicht, nur Coach Elting durfte ab und an Theater machen. Er war ein herzensguter Mensch, aber er konnte auch sehr laut werden, wenn es nicht lief.“

Wie war die Atmosphäre im Stadion bei Heimspielen?
„Einmalig. Die Stimmung war immer sehr gut, das Stadion gut gefüllt und die Fans haben uns auch auswärts überall hin begleitet. Ich habe viele, tolle Menschen in der Zeit kennengelernt. Nach den Spielen haben wir meistens noch schöne Stunden mit den Fans in der Vereinskneipe Schwung verbracht. Hermann, der damalige Wirt, war eine Rakete.“

Bremen war Absteiger aus der Bundesliga, gespickt mit Stars und wir haben da 2:1 gewonnen. Torhüter Dieter Burdenski war mein Kumpel aus STV-Zeiten und seinerzeit Nationaltorhüter - dem habe ich schön einen eingeschenkt.

Jürgen Tänzer

Gab es ein Spiel das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
„Ja, unser Spiel in der zweiten Liga gegen Werder Bremen im Weserstadion. Bremen war Absteiger aus der Bundesliga, gespickt mit Stars und wir haben da 2:1 gewonnen. Torhüter Dieter Burdenski war mein Kumpel aus STV-Zeiten und seinerzeit Nationaltorhüter - dem habe ich schön einen eingeschenkt. Unser Keeper Dieter Ferner hat zudem alles gehalten, was es zu halten gab. Ein Wahnsinnsauftritt von uns.“ 

Hat man als Zweitligaspieler früher in Bocholt Vorteile genossen?
„Wir wurden als Mannschaft öfter mal zum Essen eingeladen und dort dann wirklich sehr verwöhnt. Gefeiert haben wir auch immer ordentlich. Zum Aufstieg in die zweite Liga haben wir eine Ehrenurkunde erhalten und sind mit einer Kutsche durch Bocholt gefahren. Aber ansonsten war da nichts, wir waren alles Freunde und das war wichtig für uns. Neben dem Fußball sind wir ja fast alle auch noch in Vollzeit arbeiten gegangen, ich war beispielsweise ab 1977 bis zur Rente bei RWE und vorher bei den Stadtwerken Gelsenkirchen beschäftigt.“ 

Verfolgen Sie den 1. FC und die Geschehnisse rund um den Hünting noch?
„Soweit es mir möglich ist, verfolge ich den 1. FC natürlich noch und dass der Aufstieg in die Regionalliga gelungen ist, freut mich wirklich sehr. Im Stadion war ich schon länger nicht mehr, aber wir treffen uns noch regelmäßig mit einigen Spielern von früher. Meistens telefonieren Jan Roeloffzen, Wolfgang Kieselmann und ich dann und organisieren ein Treffern, wo bislang immer so zehn bis zwölf Ehemalige anwesend waren.“ 

Wie beurteilen Sie den Wandel im Fußball gegenüber früher? 
„Spielerisch und athletisch sind die Akteure heute viel weiter, sie haben allerdings auch komplett andere Bedingungen. Ich glaube, wenn wir damals nur trainiert und gespielt hätten, wären wir auch nochmal besser gewesen. Bengalos und dergleichen gehören in meinen Augen auch nicht zum Fußball, dahingehend war es früher einfach ruhiger. Außerdem sehe ich viel zu oft, dass Spieler den sterbenden Schwan machen und sich bei der kleinsten Berührung fallen lassen- das gefällt mir überhaupt nicht.“ 

Vielen Dank für das Interview, Jürgen Tänzer!